Muttachen

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Mein Muttachen war bis zum Ende immer an meiner Seite. Ich war ein Wunschkind, das neun Jahre auf sich hatte warten lassen.
Nach dem Tod meines Vaterchens blieben wir fast immer zusammen wohnen. Mein Büro blieb auch in Muttachens Wohnung, als ich eigentlich nach der Heirat für vier Jahre ins Falkenhagener Feld gezogen war, so daß ich trotzdem täglich bei meiner Mutta war. 

Als sie im Jahr 2000 dann doch noch Omi wurde, war Ihr Leben vollkommen.
Wir zogen wieder in Spandau in eine gemeinsame Wohnung, ehe der 
Umzug nach Falkensee für sie wie die Rückkehr in die mecklenburgische Heimat war. Die Kirche vorm Haus, die Beschaulichkeit der Kleinstadt, eigene Hühner und Kanarienvögel im Erker, wie ihr Vater sie hatte, erinnerten sie stark an Krakow am See. 

Und sich rund um die Uhr um die Enkeltochter zu kümmern, war für sie die Erfüllung.

Leider wurde sie nach einer Behandlung mit starken Schmerzmitteln im Jahr 2014 plötzlich und heftig dement. Über fünf Jahre kümmerten sich Melissa und ich zu Hause um Muttachen. Weitere drei Jahre verbrachte sie in einer Demenz WG, ehe wir sie Anfang November wieder nach Hause holten. Trotz Ihres Alters und ihrer Krankheit erkannte sie ihre Wohnung wieder. Mit ihrem eigenen behindertengerechten Omimobil fuhren wir noch einmal zur Boxvorstandssitzung nach Neukölln. Am nächsten Tag beschloß sie, daß Ihre Zeit gekommen sei und verweigerte Speisen und Getränke. 

Sie schlief mit uns an Ihrer Seite am Nachmittag des 24. November 2022 friedlich ein und hatte dabei ein Lächeln im Gesicht.  

Ihre letzte Ruhestätte ist nur gut 200 Meter entfernt in direkter Luftlinie zu unserem Haus.